Lyrik
neue Gedichte
Heimatlos2
Kein Raum,
der meine Träume behütet
Kein Dachboden,
der meine Erinnerungen bewahrt
Und nirgends ein Haken,
an den ich mein Herz hängen könnte.
Wo soll ich denn mein Apfelbäumchen pflanzen?
Kein Weg für meine Gedanken
nirgends ein Ort für meine Trauer
Wo sind all die Schmetterlinge hin?
Und wo soll ich denn mein Apfelbäumchen pflanzen?
Auf Reisen
Gern blick ich nachts auf fremde Straßen
schau, wie der Mond über Baumspitzen rollt
und sein Antlitz
in nachblauen Pfützen betrachtet.
Lächelnd. Zufrieden.
Nichts bedeute ich dem fremden Zimmer
es umhüllt mich
ohne Lust und Widerwillen
Und ich kann einfach sein.
Lächelnd. Zufrieden.
Eisige Zeiten
Zaghaft über das singende Eis
Ein vorsichtiger Schritt
dann noch einer
Leise Gebete unter dem harten Frost
unverklungen, unerhört.
Die folgenden Gedichte wurden zwischen den Jahren 2005 und 2013 in den Ausgewählten Werken der
Bibliothek Deutschsprachiger Gedichte und der
Brentano-Gesellschaft Frankfurt/ M. veröffentlicht. Das Gedicht "Verloren" wurde mit einem Preis ausgezeichnet.
Verloren
Lieber, deine Küsse perlten von meinem Körper
wie Wein von einem kalten Glas.
Welcher Gott hat dir befohlen und
war dein Zeuge in finsterer Nacht?
Kannst du nicht gehen
wenn brennende Haut zur schützenden Hülle wird
und böse Geister der Finsternis
nach deiner Seele greifen?
Tauche ein
ein heißes Meer von sündiger Verschwendung
umspült deinen Körper,
deine Seele im gleißenden Strom.
Haltlos
ihr nachsehen in träumerischer Trägheit.
Der Tag ist fern
das Licht – nur eine leise Erinnerung.
Heimatlos1
Kaskaden von Trauer
stürzen in marmorne Becken
nur zu, ihr Nornen
stoßt mich auch noch in diesen Brunnen
seid ihr es doch gewesen
die mich in diese fremde
Welt gelockt.
Wie süß
die Düfte der Aglaia
voll Sanftmut meinen Schmerz zu lindern
und tückisch doch
mein Aufbegehren zu verhüllen.
Nicht dieselbe Sonne
die hier mit mildem Feuer mich im Übermaß erfüllt
und dort vor Sehnsucht mich hat schauern lassen.
Und dennoch:
wo starke Wurzeln tief vergraben
die Krone noch das Zittern spürt
wenn die vertraute Erde bebt
selbst wenn sich anderswo
die abgeschlag´nen Äste
nach Wasser recken
um Tag für Tag
zu überstehen.
All diese Jahre
All diese Jahre
in denen Sehnsucht im Feuer sich wand
zehntausendfach gestorben
unter einstürzenden Sternendächern.
All diese Nächte
im Sturm verzweifelter Träume
immer am Abgrund
immer auf nassen Straßen
die ihr Ende suchten.
All diese Zeit
die vor mir flieht
die Götter strafen uns
mit Vergangenem und Verlorenen.
Dein Antlitz löst sich
mit der Morgensonne auf.
Schenke mir Dunkelheit
Asche
Noch immer trage ich
die Asche deines Lächelns
nah bei mir
so nah, dort
wo Sterne in
schwarze Pfützen fallen.
Wo bleierne Wolken leidend
zu Boden sinken
ist die Pracht deiner Seele fern
so fern, dort
wo die klamme Nacht die
Einsamkeit quält.
Lass sie ziehen.
Dort, wo sich der Mantel
der Schwernis hebt
ist alles leicht
so leicht wie alles
das man nicht festhält.
Menschen
Von edlen Zinnen herab
in düsterer Täler Lenden;
wie Späne von Eisen in
vorbestimmten Bahnen
von Pol zu Pol
von Leben zu Leben.
Der Flüsse Wellen
zu Eis, zu Tränen, zu Erde;
Gedanken tapfer getragen
durch die endlosen Windungen
steiniger Mäander hinunter
zu den verbotenen Gärten.
Aus munteren Quellen empor
durchdringend die Lider der Schöpfung
der Ruf der Eule über mondlosen Hügeln
von Feuer zu Feuer
und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Seelen, lautlos
Auf eisigen Schuhen im Niemandsland,
kernlose Wesen im milden Frost;
sie ducken sich tief in die Felder,
wenn hohe Reiter über sie hinwegfegen.
Sterne umfunkeln der Nächte Schlund,
starr das Schilf, in dem kalte Herzen klirren;
sie üben das Schweben in geschlossenen Reihen,
wenn Mondlicht über greises Gestein fließt.
Leise flüsternd kriechen Schatten
zwischen toten Hölzern,
flüchten hin zu Worten,
die wie Schwanenfedern taumeln
zwischen allen Welten;
suchen im lautlosen Hain der Versprechungen,
horchen auf die Stimme der Erlösung.
Vergangenheit
Schwarzbraune Wogen rollen heran,
lecken am Saum der Stunde;
die Konturen des Daseins zerfressen.
Ein Taumeln, schon sind
die Knöchel umspült
von schäumender Gischt.
Die Flut wirft Gestorbenes auf den Strand,
bleiche Hände greifen nach dem Tag;
an seinen Rändern lodern rote Feuer.
Ein Schwindeln, schon
spielen mit leisem Siegerlächeln
Schlamm und Nymphenhaar um die Knie.
Eine Erinnerung stöhnt aus den Tiefen,
rauscht heran über seibernde Wellenkämme.
Wie ein Gespenst fliegt das Gestern hinzu;
ein Schrei, schon fassen die
Gischt sprühenden Schatten
nach den vergessenden Herzen.
Nicht umdrehen jetzt, kein Blick zurück.
Das tosende Ungeheuer ist machtlos;
geh nur dem Wind entgegen.
Wanderer
So wandere ich durch deine dunklen Nächte,
entzünde Feuerberge an deinen Ufern
undurchdringlicher Finsternis.
Schweige, lausche in banger Erwartung
auf den fortspülenden Rhythmus deiner Hingabe.
Leise lecken schäumende Wellen
am rauen Sand,
unmerklich wird Stück für Stück hinfort getragen.
Sanft, nachdrücklich, gnadenlos
verwischt das Meer die Konturen des Seins.
Nimm mich auf in dir;
von deinen Händen tropft weiches Vergessen.
Schon löst sich meine Sohle vom festen Grund;
das Wasser trägt, wenn es keinen Widerstand spürt.
Zeit
Schwitzende Nächte umflüstern
greiser Eichen Rinde.
Das braunrote Blatt spürt noch
den Kuss den Morgentaus,
schwankt im Atem der späten Winde
bevor es sich löst aus unruhigen Träumen.
Zwischen bleichen Stämmen hervor
stürzt ein Echo, verliert sich im
treibenden Blätterschwarm.
Beharrlich wuchert die Zeit über
grauer Felsen Stille.